Pflege ohne Vorurteile: Frauen brauchen andere Pflege
Wenn es darum geht, Frauen medizinisch gut zu versorgen, sind zumeist Ärzt*innen gefragt. Dabei haben die Pflegekräfte eine tragende Rolle bei der Behandlung. Die Generaldirektorin des Wiener Gesundheitsverbundes Evelyn Kölldorfer-Leitgeb weiß: „Unsere Pflege-Mitarbeiter*innen sind häufig die erste Anlaufstelle für Patient*innen und ihre Angehörigen. Sie müssen Geschlechter spezifische Unterschiede genauso erkennen und berücksichtigen wie Kolleg*innen der anderen Berufsgruppen.“
Das Zünglein an der Waage
Und damit sind nicht nur biologische Unterschiede gemeint. Neben den Krankheitsbildern selbst, weisen Männer und Frauen auch psycho-soziale-Verschiedenheiten auf. Diese zu beachten ist für die Pflegekräfte besonders wichtig. Aber was heißt das? „Die Geschlechter äußern ihre Beschwerden auf sehr unterschiedliche Art und Weise“, erklärt Kölldorfer-Leitgeb. Frauen tendieren dazu, seelische und körperliche Symptome eher anzusprechen als Männer, so die Generaldirektorin: „Wir dürfen uns nicht von Vorurteilen leiten lassen. Zum Beispiel wissen wir mittlerweile, dass es Unterschiede im Schmerzempfinden gibt. Frauen empfinden Schmerzen stärker als Männer.“ Diese Erkenntnisse sind für das Pflegepersonal zentral. Denn sie stehen mit den Patient*innen in direkterem Kontakt. Wenn es um Therapie-Entscheidungen steht, ist die Einschätzung der Pflege oft ausschlaggebend.“
Ausbildung als Basis
„Das oberste Gebot ist, alle Patient*innen mit ihren Anliegen ernst zu nehmen“, bekräftigt Kölldorfer-Leitgeb. Das betrifft die Pflege in allen Fachgebieten – und allen Altersstufen. Aus diesem Grund ist das Thema auch fest in der Pflegeausbildung verankert. „Unser Ziel ist eine Gender sensible Gesundheitsversorgung“, bestätigt Kölldorfer-Leitgeb.
Doch damit nicht genug: Auch andere spezifische Merkmale, wie etwa Herkunft, Religion, Alter und Behinderung spielen eine wichtige Rolle für die Patient*innen-Versorgung. Vor allem dann, wenn Patient*innen über mehrere Merkmale verfügen, haben sie gesundheitliche Nachteile. Auf dem Stundenplan der Pflege-Studierenden steht aus diesem Grund das so genannte „Diversitätsmanagement“. Denn, so Kölldorfer-Leitgeb: „Alle profitieren davon, wenn wir ohne Vorurteile den Menschen in den Mittelpunkt rücken.“